Als erste Quelle für meine Masterarbeit habe ich das Buch Berg und Film – Kultur und Ästhetik von Höhenlandschaften im deutschsprachigen Film der Gegenwart von Silke Martin gelesen. Hier ein paar Ausschnitte, die besonders spannend waren und vermutlich für meine Arbeit relevant sein werden.
Bergfilmforschung der Gegenwart
Beim Lesen des Buches wurde mir durch Martin bestätigt, was ich während meiner vorangegangenen Recherchen immer wieder selbst gespürt habe: Es gibt nicht viel Forschung und Aufarbeitung im Bereich des modernen Bergfilms.
Laut Martin gäbe es zahlreiche und umfangreiche Arbeiten, die sich mit dem Bergfilm der 1920er und 1930er Jahren beschäftigen. Hier würden vor allem die Ideologien und nationalistischen Inhalte analysiert und aufgearbeitet werden.1 Ein Beispiel hierfür wäre der im Sammelband Revisited. Der Fall Dr. Fanck. Die Entdeckung der Natur im deutschen Bergfilm 1992 erschienene Artikel Hochgebirge und Moderne. Eine Standortbestimmung des Bergfilms von Eric Rentschler.2
Martin hebt zwar hervor, dass es einzelne, allerdings genreübergreifende, Darstellungen des modernen Bergfilms in wissenschaftlichen Arbeiten gäbe und einige ihn sogar als Mittelpunkt ihrer Arbeit haben. Es fehle aber immer noch an umfassenden Theorien.3
Für mich war das spannend zu lesen, weil es eine Art Zustimmung zu meinem Gefühl aus den Reihen der Wissenschaftler*innen war. Wie schon in anderen Blogposts beschrieben heißt das für mich, dass ich nicht für alle Unterthemen meiner Arbeit Ressourcen finden werde. Hier hat sich gezeigt, dass mein Plan, auch mit Expert*inneninterviews zu Arbeiten, sicherlich zielführender sein wird, als nach vielen Quellen zum modernen Bergfilm zu suchen.
Genregeschichte
Der zweite Punkt, den ich sehr spannend gefunden habe, war die Genregeschichte des Bergfilms.
Martin beschreibt, dass der erste Bergfilm zwar um 1900 entstanden sei, die großen und medientheoretisch am meisten angeführten Anfänge des Genres allerdings erst 20 Jahre danach beginnen. Arnold Fanck gilt hier als Vater des Bergfilms. Seine 13 großen Produktionen zwischen 1920 und 1940 machten ihn zum Pionier des Genres.
Zunächst war der Bergfilm ein rein deutschsprachiges Genre. Erst nach 1940 bzw. 1945 internationalisierte sich die Szene. Einhergehende mit den großen Erstbesteigungen und einem Aufschwung des Alpinismus entwickelte er sich zum Beispiel in Frankreich weg von der Dramatik des deutschen Bergfilms hin zur Dokumentation extremer alpinistischer Leistungen. Im deutschsprachigen Raum wurde hingegen nach Kriegsende der Bergfilm vorübergehend vom Heimatfilm abgelöst.
Ab 1960 entwickelte sich der Alpinismus zum Breitensport und eine neue Generation von Bergsportler*innen löste die in Fancks Filmen gezeigten Bergmenschen ab. Reinhold Messner zum Beispiel stand lange für diese neue Lebenseinstellung, die mehr mit Selbstverwirklichung und -befreiung zu tun hatte, als mit der davor populären Kampfmoral. Damit einhergehend wandelte sich auch der Bergfilm und es gab in den 70ern viele Fernseh- und Spielfilmproduktionen, in denen Berglandschaften eine signifikante Rolle spielten oder noch immer spielen. Einige dieser Serien seien bis heute in Produktion und immer noch aktuell.
In den 1990er Jahren gab es ein paar Ausreißer, die versuchten, Fancks einzigartige Bergfilmherangehensweise zu imitieren. So machte zum Beispiel Werner Herzog einen Film, in dem er zwei duellierende Bergsteiger bei einem Erstbegehungsrennen (Metapher für eine Frau) zeigt.
Auch in Hollywood gab es zu dieser Zeit ein paar Bergfilmversuche, wobei die meisten Berge nicht als zentrales Element, sondern nur als Kulisse für den Film verwendet werden. Hier widersprechen sich die diversen Genredefinitionen, ob diese Art von Film immer noch als Bergfilm bezeichnet werden kann.4
Genrediskussion
Martin greift in der Einleitung zu ihrer eigenen Arbeit kurz den Genrediskurs über den Bergfilm auf. Hier gäbe es viele verschiedene Definierungsversuche über die Grenzen des Genres Bergfilm. Eine davon sei von König aus dem Jahre 2001. Er schreibt über Bergfilm:
“Bergfilm ist alles. Der spannende Spielfilm, der das Bergsteigen und Klettern dramaturgisch einsetzt, genauso, wie der Film über das Leben der Menschen im Gebirge.”5
Martin ist der Meinung, dass diese breite Definition zu sehr geöffnet sei. Sie findet, dass genredefinierte Ansätze generell nicht für die Analyse der modernen Bergfilme geeignet seien. Vielmehr sollte man hin zu einer Art Filmvisite greifen. Diese würde die vermehrten und über mehrere Genres reichenden Darstellungen von Bergen im Film sinnvoller abbilden können.6
Im weiteren Verlauf ihres Buches erklärt sie, wie sie mit ihrer entwickelten Filmanalyse Bergfilme besser beschreiben kann, als jegliche Genredefinitionen. Sie analysiert auch mehrere Filme, bei denen sie ihre Visite verwendet.
Bis jetzt habe ich noch nicht das ganze Buch gelesen, ich bin allerdings schon gespannt, welche Erkenntnisse auf mich warten. Ich finde, Silke Martins Buch ist eines der besten Beispiele, wie moderner Bergfilm in wissenschaftlichen Arbeiten und Texten behandelt werden kann und ist erfrischend ehrlich und ohne viel Tamtam geschrieben.
Meine Literaturrecherche und das Lesen einiger Quellen ist noch bis 22.02. geplant, danach geht es ans Schreiben meiner Masterarbeit. Ich freue mich auf mehr und bin gespannt, was mich bis dahin noch erwartet.
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Quellen