Das zweite herausragende Interview habe ich mit einem Experten aber auch gleichzeitig Betroffenen geführt. Der Interviewende ist seh- und motorisch behindert und beim Nutzen von digitalen Produkten auf assistive Technologie angewiesen. Er selbst ist Linguist und seit einigen Jahren wegen großem Interesse im Bereich Usability und Accessibility Experte für digitaler Barrierefreiheit. Er selbst sagt, dass er den 360° Rundumblick aufgrund seiner Situation hat. Umso spannender ist seine Haltung gegenüber den WACA und der anstehenden Richtlinie des EAA (European Accassibility Act) ab 2025, wo er meint: „Wir müssen uns trennen, von dem Gedanken, eine Generallösung erfinden zu wollen“. Denn die Richtlinien bzw. Kriterien treffen hauptsächlich auf Personen mit nur einer Art von Beeinträchtigung zu, und sei nicht flexibel anwendbar. Beispielsweise wurde das Kriterium der Autovervollständigung genannt. Davon profitieren motorisch beeinträchtige Personen, aber wären lästig für blinde Personen. Daher sind Kriterien für die Bewusstseinsschaffung zwar ganz nett, aber nicht unbedingt förderlich. Man kann über die vielfältigen Ausprägungen von den unterschiedlichsten Behinderungen keinen universellen Deckel stülpen, so wie es die Kriterien vorgeben.
Grundsätzlich findet der Interviewende die Idee von einem GPT sinnvoll, wenn das System technisch auch funktioniert. Das AMS sei ein sehr gutes Beispiel, denn wenn Angestellte immer wieder dieselben Fragen gestellt bekommen, wieso sollte das nicht ein GPT auf der Website für sie übernehmen. Dort hat man bei der Verwendung vom GPT das Gefühl, man kommuniziert mit jemandem.
Was man aber ganz klar bei der Implementierung eines eigenen GPTs hervorheben sollte ist, dass man keine Lösung für alle User:innengruppen anbietet. Es ist durchaus in Ordnung, plakativ anzumerken, dass dieser eine GPT beispielsweise nur für Menschen funktioniert, die sich schwer beim Lesen tun, oder einen bestimmten Bildungshintergrund haben, oder ein gewisses Verständnis mitbringen. Also die User:innengruppe benennen, für die der GPT funktioniert. Damit ist die Enttäuschung aus dem Weg geräumt, wenn der GPT beispielsweise nur komplexe Inhalte ausgeben kann, aber keine leichte Sprache.