Impulsblogeintrag: Kinobesuch „Rickerl“


Die österreichische Kinofilm-Produktion „Rickerl“ des Regisseurs Adrian Goiginger läuft seit Jänner 2024 im Kino. Voodoo Jürgens, ein österreichischer Liedermacher, ist in der Hauptrolle zu sehen und verkörpert Rickerl, einen Straßen- und Beislmusiker, der sich persönlich und finanziell am Limit bewegt, von der Hand in den Mund lebt und durch Auftritte in verrauchten Lokalen mehr schlecht als recht über die Runden kommt. Rickerl ist außerdem Vater eines achtjährigen Sohns, der aus einer früheren zerbrochenen Beziehung stammt und mit seiner Mutter und ihrem neuen wohlhabenden Lebensgefährten im gut situierten 13. Wiener Gemeindebezirk lebt. Hier prallen zwei Welten aufeinander – Rickerl bemüht sich trotzdem, seinem Sohn eine schöne Zeit zu bescheren und nach seinen Möglichkeiten ein guter Vater zu sein.

Das Sounddesign des Films, für das Marvin H. Keil verantwortlich zeichnet, ist dezent und ansprechend gestaltet, dieser Blogeintrag beschäftigt sich allerdings mit dem Soundtrack der Produktion. Eigenkompositionen Rickerls (also Voodoo Jürgens) sind tragende Elemente des Films und beziehen sich auf die Lebenswelt der Hauptperson; diese hat er auf schlampig beschriebenen Zetteln in seinem Gitarrenkoffer stets bei sich. Bei Rickerls Gigs sind jedoch eher wohlbekannte Lieder des Austropops gefragt. Sein Manager verlangt etwa von ihm, während eines Auftritts bei einer Hochzeit, populäre Stücke wie zum Beispiel „Fürstenfeld“ der Gruppe „STS“ zu spielen, die Rickerl etwas widerwillig zum Besten gibt.
Als die Hochzeit aufgrund eines Streits aus dem Ruder läuft, wird aber Rickerl von der Band, die ihn begleitet, ermutigt, eines seiner unveröffentlichten Stücke zu performen. Inmitten des Chaos der Hochzeit ist nun Rickerls eigene Musik zu hören. In diesem Moment gewinnt der Protagonist einen neuen Bezug zu seinem künstlerischen Schaffen.
Der Film präsentiert etablierte Austropop-Klassiker und die ungeschliffenen Lieder Rickerls, die aus einer tristen, jedoch inspirierenden „Unterwelt“ stammen, als Gegensätze. Neben den Bezügen auf die oben erwähnten Hits der österreichischen Popularmusik ist der Film aber auch mit älteren eher unentdeckten Titeln bekannter Interpreten gespickt, die den zugehörigen Abschnitten zu besonderer emotionaler Tiefe verhelfen. Eine berührende Tanzszene mit Rickerl und seiner Exfreundin, der Mutter seines Kindes, in einem verrauchten Beisl, kurz vor Sperrstunde, wird mit Hans Orsolics’ „Märchen“ untermalt – ein Austropop-Lied mit für das Genre eher unüblichem „knackigen“ Synthesizer-Instrumentalsound. 
„I bin Miad“ von Wolfang Ambros verschafft einer ruhigen, kontemplativen Szene eine melancholische Stimmung.
In „Rickerl“ fügen sich populäre Klassiker, Lieder mit Seltenheitswert und Rickerls „rohe“ Kompositionen aneinander und ergeben ein stimmiges Gesamtkonzept. Eine große Empfehlung für Kenner des Austropops, für all jene, die das noch werden wollen und für alle, die einen tiefen Einblick in die dunklen Ecken der österreichischen Seele erlangen möchten.

Links:

“Märchen” Hans Orsolic: https://youtu.be/8eXVE6b2UUU?si=JKdW6vs2oL-NVH6z

“I bin miad” – Wolfgang Ambros: https://youtu.be/ob_UDUsueBc?si=RofR5nXU8ThJgIFA

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